Ingrid Brodnig war der Ansicht, dass manche Akteure im Wahlkampf zu eindeutig Stellung bezogen hätten und generell „online eine besondere Härte“ herrsche. „Ich fand den Wahlkampf tatsächlich heftig“, meinte Brodnig. „Was mich überrascht hat, war auch, wie stark Begeisterung über Kandidaten ausgedrückt wurde.“ Sie zog eine Grenze „zwischen Meinung, Haltung und Parteilichkeit“.
Auch Hanna Herbst („Vice“) sah zum Teil journalistische Standards nicht eingehalten, allerdings nicht unbedingt nur im Wahlkampf – auch zuletzt in der „#metoo“-Debatte, „von allen Seiten“.
„Ein bisschen arg, was in diesem Wahlkampf abgegangen ist“ auf Twitter & Co., fand auch Martina Salomon, stellvertretende Chefredakteurin des „Kurier“. Generell glaubt sich „nicht, dass wir trennen können zwischen unserer Funktion als Journalistin und dem, was wir auf Sozialen Medien machen“. Gerald Grünberger, Geschäftsführer des Österreichischen Zeitschriften- und Fachmedienverbands, sah eine „Gratwanderung“ nicht zuletzt durch die Emotionalisierung auf Social Media.
Für ZiB 2-Moderator Armin Wolf gab es indes keinen Anlass zur Problematisierung. Von seinen Zigtausenden Tweets „waren nicht alle intelligent – leider“, räumte er ein. Er verstehe aber auch nicht, warum es einen Unterschied machen sollte, ob ein Journalist einen Kommentar schreibt oder einen Tweet verfasst.
Guidelines für Journalisten im sozialen Netz seien prinzipiell eine gute Idee, war sich die Runde einig. Zu streng sollten sie aber nicht ausfallen, um die journalistische Freiheit nicht einzuschränken, nicht zuletzt im ORF, gab Brodnig zu bedenken. Kurz und simpel lautet demnach die Goldene Regel für solche Richtlinien. „‚Tu nix Dummes‘, so einfach ist das, und den haben wir von der BBC geklaut“, fasste Wolf jene des ORF zusammen. Auch das Regelwerk beim „Kurier“ sei „überschaubar“, betonte Salomon.